Altersvorsorge? So geht es spannend.

Altersvorsorge klingt für Jugendliche oft nach ferner Zukunft. Doch ab 18 sind Lernende in der Pensionskasse – wer später unabhängig leben will, sollte das System zumindest grob verstehen.

Die Pensionskasse des Kantons Solothurn (PKSO) hat mit Schulklassen gesprochen, zugehört – und ist nun bereit, Antworten zu geben. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Emmanuel Ullmann über Pflicht und Freiheit, Mythen und Möglichkeiten – und darüber, warum Vorsorge nicht langweilig sein muss.

Viele Jugendliche denken bei «Pensionskasse» an etwas für später, viel später. Warum sollte mich das schon mit 16 oder 20 interessieren?
Auch wenn man verständlicherweise beim Wort «Pensionskasse» an die Pensionierung mit 65 denkt, so betrifft einem die Pensionskasse schon viel früher. Gegen Risiken von Tod und Invalidität ist man bereits mit 18 abgedeckt – viele Jugendliche wissen das nicht und versichern sich dafür teuer bei Versicherungen. Auch ist es wichtig zu verstehen, dass jeder Arbeitgeber unterschiedlich hohe Sparbeiträge für die erwerbstätige Person ab 25 einzahlt. Bei der Wahl des Arbeitgebers zählen somit nicht nur die Stellenbeschreibung und der Lohn, sondern auch, wie grosszügig der Arbeitgeber in die Pensionskasse einzahlt. Das kann bis zu mehreren Hundert Franken pro Monat ausmachen.

Was passiert mit dem Geld, das für mich in die Pensionskasse eingezahlt wird – wo landet das konkret?
Für jede versicherte Person führt die Pensionskasse ein Konto – ähnlich wie ein Bankkonto bei der Bank. Dort werden die monatlichen Sparbeiträge, die der Arbeitgeber einzahlt und die vom Bruttolohn der erwerbstätigen Person abgezogen werden, gutgeschrieben. Das Geld wird jährlich verzinst – zu einem höheren Zinssatz als das Geld auf einem Bankkonto. Falls man später die Stelle wechselt, wird dieses Guthaben zur Pensionskasse des neuen Arbeitgebers transferiert.

Wenn ich später viel reisen, studieren oder mein eigenes Ding machen will – hilft mir die Vorsorge überhaupt dabei?
Das Geld bei der Pensionskasse gehört dir. Grundsätzlich ist es für die Zeit nach deinem Arbeitsleben gedacht. Allerdings erlaubt das Gesetz, dass das Geld bereits früher bezogen werden kann – zum Beispiel wenn du die Schweiz definitiv verlässt, wenn du deine eigene Firma gründen oder ein Haus respektive Wohnung kaufen möchtest. Das Geld kann man jedoch nicht verwenden zur Finanzierung einer Ausbildung oder zum Reisen.

Was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Irrtümer von jungen Menschen beim Thema Vorsorge?
Ich würde nicht von Irrtümern sprechen – das Wissen und Interesse sind einfach sehr tief.

Wie viel Einfluss habe ich als Arbeitnehmer:in eigentlich auf meine Pensionskasse?
Die erwerbstätige Person hat indirekt Einfluss, indem sie den Arbeitgeber und damit die Pensionskasse wählen kann. Doch bei einem Bewerbungsgespräch ist die Pensionskasse meistens kein Thema, obwohl die Leistungen von Arbeitgeber zu Arbeitgeber grosse Differenzen aufweisen können. Viele Pensionskassen erlauben auch, dass man als versicherte Person selbst wählen kann, wie hoch der Sparanteil sein soll. So kann man bei der PKSO z.B. mittels dem «Zusatzsparen» einen monatlichen Sparanteil erhöhen. Ausserdem können die versicherten Personen regelmässig die Stiftungsräte der Pensionskasse wählen – oder sich selbst wählen lassen.

Ist es realistisch, dass ich von AHV und PK später noch leben kann – oder muss ich mir Sorgen machen?
Mit der steigenden Lebenserwartung muss der vorhandene Kuchen in kleinere Stücke geschnitten werden. Wenn man das nicht will, heisst das, dass man bereits heute nebst AHV und PK auch separat sparen sollte – z.B. mit einer dritten Säule – und/oder länger arbeiten muss.

Die PKSO investiert in nachhaltige Anlagen – warum ist das aus Ihrer Sicht wichtig?
Wir sind überzeugt davon, dass man nur mit nachhaltigen Anlagen längerfristig eine genügend hohe Rendite erzielen kann.

Was sagen Sie Jugendlichen, die fordern: «Legt unser Geld nicht in Öl oder Waffen an!»?
Wir schliessen gewisse Anlagen aus, das geht über Öl und Waffen hinaus. Die Ausschlussliste kann man unter diesem Link einsehen. Indirekte Anlagen in diesen Kategorien können wir jedoch nicht verhindern. Ein Beispiel: Wenn wir Anleihen des US-Staates kaufen, dann kann sehr gut sein, dass die USA mit diesem Geld Waffen finanzieren. Da sind uns die Hände gebunden.

Wenn ich in der Schweiz bleibe und normal arbeite – wie verhindere ich, dass ich im Alter Ergänzungsleistungen brauche?
Wichtig ist es, regelmässig in die Pensionskasse einzuzahlen und nach Möglichkeit auch privat zu sparen. Nicht zu empfehlen ist es, sich aus dem Erwerbsleben mehrere Jahre zurückzuziehen, z.B. wenn man Kinder grosszieht. Dieses finanzielle Loch kann man später kaum noch aufholen. Und: Schaut euch die Pensionskasse eures zukünftigen Arbeitgebers genau an – fragt danach beim Bewerbungsgespräch – denn die Unterschiede bei den Sparbeiträgen sind gross.

Vorsorge trifft Klassenzimmer

Was passiert, wenn man Pensionskasse in die Schule bringt? Die PKSO hat gemeinsam mit Schulklassen im Kanton Solothurn ein Projekt gestartet, das junge Menschen für ihre finanzielle Zukunft sensibilisiert. In Workshops und Umfragen wurde nicht nur Basiswissen zur Altersvorsorge vermittelt – die Jugendlichen brachten auch eigene Fragen, Zweifel und Erwartungen ein. Das Resultat: ein ehrlicher Dialog auf Augenhöhe – und der Anstoss für eine neue Videoreihe, die das Thema Vorsorge dort erklärt, wo Jugendliche unterwegs sind: auf TikTok, Instagram und Co.

Umfrage unter Jugendlichen

«Vorsorge beginnt nicht erst mit 40»

Bernhard Beutler, Rektor BBZ Solothurn,
über Altersvorsorge in der Ausbildung

Warum sollen sich Jugendliche bereits in der Lehre mit dem Thema Vorsorge befassen? Für Bernhard Beutler ist klar: «Weil sie Verantwortung übernehmen sollen – für ihre finanzielle Zukunft, aber auch für ihre Entscheidungen.» Teilzeitarbeit, Auslandaufenthalt oder unbezahlter Urlaub – all das habe Konsequenzen, die junge Menschen früh verstehen sollten. Besonders wichtig sei ihm, dass nicht nur Lehrpersonen unterrichten, sondern auch Fachpersonen von Pensionskassen praxisnah aufklären.Die Rückmeldungen auf das Projekt waren durchwegs positiv: «Die Jugendlichen haben sich ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt – und dabei äusserst erwachsen gewirkt.» Für die Zukunft wünscht sich Beutler, dass Vorsorgebildung praxisnah bleibt und mit echten Situationen verknüpft wird. «Nachhaltiges Lernen braucht echten Bezug zur Realität – nicht nur Zahlen, sondern Handlungskompetenz.»

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